54. Session 2010 New York: Beijing +15

Was wurde bisher erreicht?

Die  NGO-Koordination  post  Beijing  Schweiz  hat  die  54.  Session  zum  Anlass  genommen  innerhalb  ihrer Mitgliedorganisationen  nachzufragen,  welche  Forderungen  seit  der  letzten  Weltfrauenkonferenz  in  Beijing  1995  erfüllt  wurden  und  welche  nicht.  Wir  haben  daraus  15  Errungenschaften  und  15  weiterhin  bestehende Forderungen formuliert, denen wir Nachdruck verleihen möchten. Denn viel wurde erreicht aber von einer faktischen Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau sind wir immer noch weit entfernt.

15 Errungenschaften

  1. Kontinuierlicher Anstieg von Frauen in Politik und Regierung in den letzten 15 Jahren.
  2. Die Anstossfinanzierung für die Schaffung von Kinderkrippenplätzen hat eine gewisse Entspannung gebracht. Für Kinder ab 18 Monaten ist es einfacher geworden einen Betreuungsplatz zu finden. Für Säuglinge bleibt die Situation angespannt.
  3. Fortschritt in der Bekämpfung der häuslichen Gewalt durch Art. 28b ZGB und die daran anschliessendenkantonalen  Gewaltschutzgesetze  sowie  die  bessere  strafrechtliche  Erfassung  als  Offizialdelikt  in  Art. 123 Ziff. 2 und Art. 126 Abs. 2 lit. bc StGB.
  4. Frauen haben in der ganzen Schweiz den gleichen Zugang zur Universität und Berufsausbildungen wie die Männer.
  5. Die Einführung des bezahlten Mutterschaftsurlaubes per 1.7.2005. Frauen, die einer Erwerbsarbeit nachgehen, erhalten während mindestens 14 Wochen nach der Geburt 80% ihres letzten Lohnes.
  6. Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs.
  7. Die Revision des Scheidungsrechtes. Seit der Einführung des Splittings 1.1.1997 wird das während der Ehe erarbeitete Altersguthaben im Falle einer Scheidung je zur Hälfte zwischen Frau und Mann aufgeteilt. Dadurch hat sich insbesondere die Situation von den Frauen verbessert, die sich ausschliesslich um die Familienarbeit kümmern, wegen der Familienarbeit Teilzeit arbeiten oder als Selbstständigerwerbende im Betrieb des Mannes mitarbeiten (bspw. Bäuerinnen).
  8. Die Bäuerinnenausbildung wurde der Bauernausbildung insofern gleichgestellt, als dass Bäuerinnen mit einer  erfolgreich  abgeschlossenen  Bäuerinnenlehre  neu  auch  Staatsbeiträge  erhalten  können  (Direktzahlungen und Subventionen).
  9. Bessere  Anerkennung  der  Freiwilligenarbeit  in  gewissen  Bereichen.  So wird z.B.  Freiwilligenarbeit  inzwischen auf dem Arbeitsmarkt besser anerkannt als noch vor ein paar Jahren, weil so genannte „SoftSkills“ wichtiger geworden sind.
  10. Die Einführung des Chancengleichheitsprogramms an Universitäten und Fachhochschulen.
  11. Aufgrund der vonder FIZ initiierten Runden Tische gegen Menschenhandel entwickelten sich interdisziplinäre  Arbeitsgruppen,  um  gemeinsam  gegen  Menschenhandel  anzukämpfen. Die Zusammenarbeit zwischen  den  Kantonen  hat  sich intensiviert und wird besser koordiniert. Es wurde erkannt, dasseine wirksame Bekämpfung des Menschenhandels nur möglichist, wenn Strafverfolgungsbehörden, Migrationsdienste, staatliche und nichtstaatliche Organisationen der Opferberatung eng zusammenarbeiten.Weiter entstanden in einigen Kantonen Kooperationsvereinbarungen, welche die Zusammenarbeit der involvierten Stellen regeln.
  12. Ratifizierung von CEDAW sowie die drei Länderberichte dazu.
  13. Die  Schweiz  hat  die  Zusatzprotokolle zur Kinderkonvention betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten  Konflikten und betreffend den Kinderhandel,  die  Kinderprostitution  und  Kinderpornografie ratifiziert. Am  26.  November  2006 traten das Übereinkommen und die beiden Zusatzprotokolle für die Schweiz in Kraft. (Quelle: EJPD)
  14. Schaffung des nationalen Zentrums zur Bekämpfung der Internetkriminalität, insbesondere auch der Kinderpornografie.
  15. Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Gleichstellung im Erwerbsleben.

15 Forderungen

  1. Die Beseitigung von Stereotypen in Schule, Ausbildung und Beruf muss vorangetrieben werden.
  2. Ausgewogene Machtverteilung in der Politik.Förderung von (jungen) Frauen, damit ein Anteil von 50% der Kandidierenden und als Folge irgendwann ein Anteil von 50% gewählten Frauen in politischen Ämtern erreicht werden kann.
  3. Eine ausgewogene Machtverteilung in der Wirtschaft:Frauen bilden sich gut aus und sind bei Studierenden wie bei den universitären Abschlüssen gleich gut oder  besser  vertreten  als  Männer.  Bei  den  Lehrkräften  an  den  Hoch- und Fachschulen sinkt der Frauenanteil. Auf der Stufe der Professorinnen reduziert sich der Frauenanteil. Frauen finden kaum und vor allem  nicht  ihrer  Ausbildung  entsprechend  Eingang  in  Führungspositionen  und  Leitungsgremien  (Verwaltungsräte), und es besteht nach wie vor eine ausgeprägte horizontale Segregation, indem die männlichen Kollegen z.B. sehr viel besseren Zugang zu lukrativen Mandaten aus dem Wirtschaftsbereich haben.
  4. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern hat sich 2009 wieder auf 19,3 % vergrössert, weshalb endlich griffige Massnahmen zu deren Beseitigung eingeführt werden müssen.
  5. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss weiterhin verbessert werden. Beispielsweise durch gezielte Programme, die es Frauen und Männern ermöglichen, Erwerbstätigkeit und Beruf zu vereinbaren und vermehrt auch Männer in die familiäre Verantwortung zu nehmen.
  6. Gender Budgeting soll auf allen Ebenen eingeführt werden.
  7. Die Aufwertung der Pflege, Betreuungs- und Freiwilligenarbeit:Frauen  sind  oft  in  der  "unsichtbaren"  Freiwilligenarbeit,  z.B.  in  der  Betreuung  von  älteren Menschen, Nachbarschaftshilfe  usw.  tätig  und in  der  "organisierten"  Freiwilligenarbeit,  also  beispielsweise  in  Vereinsvorständen,  immer  noch  untervertreten  und  machen  somit  einen  grossen  Teil  der  unorganisierten, informellen und daher auch unsichtbaren Freiwilligenarbeit.
  8. Opferschutz und Zugang zu Rechten für alle Opfer von Frauenhandel: Betroffene von Frauenhandel brauchen einen Rechtsanspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung– unabhängig vom betroffenen Kanton und unabhängig von ihrer Aussagebereitschaft im Strafverfahren.
  9. Ein  nationales  Programm  zur  Bekämpfung  der  Frauenarmut  erstellen.  Insbesondere  die  finanzielle  Situation von alleinerziehenden Frauen und Frauen nach Scheidungen ist prekär.
  10. Der  Gleichstellungsarbeit  müssen  genügend  Ressourcen  und  Einfluss  zur  Verfügung  gestellt  werden (z.B. Gleichstellungsbüros in allen Kantonen).
  11. Die Steuergesetze müssen derart geändert werden, dass die Betroffenen entsprechend ihren wirtschaftlichen Verhältnissen besteuert werden. Insbesondere dürfen Paare, die partnerschaftliche Modelle leben und/oder Kinder betreuen, nicht gegenüber Einzelverdienerehepaaren benachteiligt werden (Splitting).
  12. Arbeitsgesetze müssen derart geändert werden, dass sie den Bedürfnissen der Teilzeit Arbeitenden sowie Personen in unsicheren Arbeitsverhältnissen (z.B. Arbeit auf Abruf) Rechnung tragen.
  13. Die Aufenthaltsbewilligung von Migrantinnen darf nicht vom Status ihres Ehemannes abhängig sein.
  14. Es müssen einheitliche Regeln gelten, dass und wie im Ausland erworbene Diplome anerkannt werden. Migrantinnen  sollen  entsprechend  ihren  erworbenen  Kompetenzen  in  den  Arbeitsmarkt  integriert  werden.
  15. Frauenhäuser müssen vom Staat mitfinanziert werden.NGO-Koordination post Beijing Schweiz